“Streuobstwiesen sind besonders reich strukturierte Lebensräume” – Interview mit Christopher König vom DDA zum diesjährigen Birdrace 

Am 4. Mai lädt der Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) bereits zum 21. Mal zum Birdrace. Einen ganzen Tag lang könnt Ihr Euch an dieser ganz besonderen Aktion beteiligen und so dem DDA bei seiner Arbeit helfen, bedrohte Vogelarten vorm Aussterben zu schützen und so die Artenvielfalt zu erhalten. Wir haben uns mit Christopher König vom DDA zum Birdrace, zur Arbeit des DDA und generell darüber unterhalten, was wir alle für Vögel tun können.


Hallo Christopher, vielen Dank für Deine Zeit. Du arbeitest für den Dachverband Deutscher Avifaunisten, also kurz den Bei dem Namen werden vermutlich viele unserer Leser ins Grübeln geraten, was er eigentlich bedeutet. Könntest Du uns eingangs ein paar Informationen zum DDA geben?

Der DDA ist der Dachverband der ornithologischen Verbände Deutschlands. Als gemeinnützig anerkannter Verein verfolgen wir das Ziel, Wissenschaft, Forschung und Bildung rund um das Thema Vogelwelt zu fördern und damit den Natur- und Umweltschutz zu stärken. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, den Spaß an der Begegnung mit unseren gefiederten Freunden mit der Sammlung wichtiger Informationen über den Zustand unserer Vogelwelt zu verbinden. Unsere Kerntätigkeit ist die Organisation des Vogelmonitorings, d.h. der standardisierten Erfassung unserer heimischen Vogelwelt in Raum und Zeit. Weitere Infos unter www.dda-web.de.

 
Ihr bietet Umweltbewussten eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie sie sich selbst für die Artenvielfalt einsetzen und den DDA bei der Vogelbeobachtung unterstützen können. Welche Möglichkeiten sind das im Einzelnen?

Die einfachste Beteiligungsmöglichkeit ist unsere Online-Plattform ornitho.de mit der zugehörigen App NaturaList. Dieses Meldeportal für Vogelbeobachtungen wird inzwischen von rund 50.000 Personen genutzt. Diese tragen mit ihren Beobachtungsmeldungen dazu bei, dass wir besser denn je darüber Bescheid wissen, wo welche Vogelarten aktuell zu beobachten sind, wann die einzelnen Arten bei uns auftreten und ob sie z.B. früher oder später aus den Überwinterungsgebieten zurückkehren. Wer tiefer einsteigen möchte, findet zahlreiche vom DDA koordinierte Erfassungsprogramme, wie das Monitoring häufiger Brutvögel oder die Wasservogelzählung. Die Erkenntnisse dieser Erfassungen helfen uns, die Ursachen negativer Bestandsentwicklungen zu verstehen, Gefährdungen abzuwehren und geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Zusätzlich veranstalten wir gezielte Sondererfassungen und weitere Aktionen.

 

Eine ganz besondere Aktion, mit der Ihr Euch mit dem DDA an die Öffentlichkeit richtet, ist das Birdrace. Kannst Du uns mehr zum Birdrace erzählen?

Neben den bereits genannten, dauerhaften Mitmach-Möglichkeiten, organisiert der DDA alljährlich das bundesweite Birdrace. Dabei wird (meist in Teams) versucht, innerhalb von 24 Stunden so viele Vogelarten zu entdecken wie möglich. Man lernt an diesem immer Anfang Mai durchgeführten „Tag der Vogelartenvielfalt“ seine Umgebung mit ganz anderen Augen kennen und verbringt einen intensiven Tag in der Natur. Gleichzeitig schafft die Aktion großes öffentliches Interesse für die Themen des Natur- und Vogelschutzes und in jedem Jahr werden über das Birdrace auch Spenden für ein vorab festgelegtes Projekt gesammelt. Einen guten Einblick in das Birdrace liefert das folgende Video: https://youtu.be/Hjpwl2ekWco?feature=shared

 

Im Interview: Christopher König vom Dachverband Deutscher Avifaunisten

 

Das Birdrace feierte letztes Jahr runden Geburtstag und fand bereits zum zwanzigsten Mal statt. Wie sieht Deine Zwischenbilanz aus?

Das Birdrace ist eine absolute Erfolgsgeschichte. Seit dem ersten Birdrace 2004 mit rund 150 Personen stieg die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf inzwischen mehr als 2500 an. Das Birdrace macht generationsübergreifend Spaß mit Teilnehmern vom Kleinkind bis zum Rentner und wer einmal dabei war, macht meist auch im nächsten Jahr wieder mit.

 

Dieses Jahr findet das Birdrace am 4. Mai statt. Wie können Interessierte, am Birdrace teilnehmen?

Die Registrierung ist alljährlich ab Anfang April auf birdrace.dda-web.de möglich. Am besten überlegt man sich vorab, wo (i.d.R. im Landkreis des Wohnorts) und mit wem man an den Start gehen möchte. Wir versuchen das Birdrace möglichst umweltfreundlich zu gestalten, daher rufen wir dazu auf, dabei auf ein Auto zu verzichten. Rund die Hälfte aller Teams ist jedes Jahr mit dem Fahrrad oder ausschließlich ÖPNV unterwegs.

 

Kannst Du ein paar Tricks und Tipps verraten, die Teilnehmer beim Beobachten von Vögeln beachten sollten?

Speziell beim Birdrace kann man mit einer gewissen Taktik seine Chancen auf viele Arten deutlich erhöhen. So beginnt man am besten morgens im Wald und sucht über den Tag verteilt möglichst viele verschiedene Lebensräume auf. Wir haben derartige Tipps in einem Zeitschriftenbeitrag zusammengestellt, der hier kostenlos abrufbar ist. Am Ende gehört beim Birdrace bzw. der Vogelbeobachtung allgemein aber natürlich auch viel Glück dazu. Gerade das macht es aber immer wieder spannend!

 

Und wie gelingt es, Vögel eindeutig zu bestimmen und voneinander zu unterscheiden?

Zur Grundausstattung bei der Vogelbeobachtung gehört natürlich ein Fernglas, da man schließlich nur selten so nah an die Vögel herankommt, dass man sie mit bloßem Auge sicher bestimmen kann. Grundsätzlich ist neben der Kenntnis der optischen Merkmale vor allem wichtig, dass man sich möglichst mit den Rufen und Gesängen der Vögel vertraut macht – was aber zugegeben nicht ganz einfach ist. Sehr viele Arten lassen sich anhand ihrer Lautäußerungen deutlich einfacher finden. Wichtig ist beim Birdrace aber letztlich nur, dass man nur das zählt, was man sicher bestimmt hat. Daher kann man sich auch auf die optisch sicher bestimmten Arten konzentrieren. Hilfsmittel wie Vogelstimmen-Erkennungsapps dürfen eingesetzt werden, jedoch sollte insbesondere bei Unkenntnis der angezeigten Art möglichst eine optische Bestätigung stattfinden.

 

Was macht der DDA mit den Informationen, die Ihr im Rahmen des Birdrace sammelt?

Zuerst einmal steht der Spaß und die Beschäftigung mit der Vogelwelt im Vordergrund der Aktion. Es handelt sich also um keine wissenschaftliche Sammlung von Daten. Doch wenn Jahr für Jahr eine so große Anzahl von Personen die Vögel der Umgebung erfasst, ergeben sich natürlich auch interessante Ergebnisse. Das Birdrace findet Anfang Mai quasi auf dem Höhepunkt des Frühjahrsvogelzugs statt. Man kann bei einigen Arten anhand der Birdrace-Ergebnisse erkennen, ob sie im jeweiligen Jahr „pünktlich“ eintreffen oder sich die Rückkehr ins Brutgebiet z.B. witterungsbedingt verzögert. Auch harte Winter schlagen sich beim Birdrace in der Antreffwahrscheinlichleit z.B. von Eisvogel oder Grünspecht nieder – Arten, die dann leider oft starke Verluste zu beklagen haben und dementsprechend auch noch im folgenden Mai schwerer zu finden sind.

 

Wir von Klimawiese haben es uns zur Aufgabe gemacht, mithilfe von Paten brachliegende Flächen zu renaturieren und in Streuobstwiesen umzuwandeln. Welche Bedeutung haben Streuobstwiesen in Deinen Augen für die Artenvielfalt allgemein und speziell für Vögel?

Streuobstwiesen sind besonders reich strukturierte Lebensräume, die eine sehr hohe Artenvielfalt aufweisen und somit einen hohen ökologischen Wert besitzen. Die große Insektenvielfalt dieser Biotope bildet die Nahrungsgrundlage für viele Vogelarten. Höhlenbrüter finden in den knorrigen Obstbäumen außerdem natürliche Nistplätze. Wer beim Birdrace die Möglichkeit hat, eine Streuobstwiese aufzusuchen, sollte die Chance nutzen. Vielleicht lassen sich dort Arten wie Grünspecht und Gartenrotschwanz oder sogar Steinkauz und Wendehals finden.

 

Nun hat aber selbstredend nicht jeder die Möglichkeit, eine eigene Streuobstwiese anzulegen. Was können Umweltbewusste – abseits von der Übernahme von Patenschaften – dafür tun, um bedrohte Vogelarten vor dem Aussterben zu schützen und die Artenvielfalt zu erhalten?

Die eigene Umgebung lässt sich schon mit kleinen Dingen vogelfreundlicher gestalten. Wer einen Garten hat, kann das Höhlenangebot durch Nistkästen erhöhen oder das Nahrungsangebot durch das Pflanzen einheimischer Stauden und Sträucher erhöhen. Auf dem Balkon sind die Möglichkeiten natürlich eingeschränkt. Hier kann man z.B. durch eine gezielte Auswahl insektenfreundlicher Blühpflanzen aber ebenfalls einen kleinen Beitrag leisten.

Vielen Dank für das Gespräch und all die Informationen zum DDA und Birdrace.

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